IV. AUSSAGEN IM RV UND BIOLOGIE INDISCHER HONIGBIENEN.

Bei folgenden Themen sehe ich Zusammenhänge zwischen Inhalten des RV und unseren Kenntnissen von Honigbienen des Subkontinents:

12. Der Somastengel wandert nicht nur, - er brüllt auch, donnert und zischt. Eine Pflanze kann nicht umherwandeln. Deshalb sah sich Hillebrandt gezwungen, diese und die anderen Eigenschaften dem Mond als dem durch die rigvedischen Sänger seiner Meinung nach verehrten Gott zuzuschreiben (Hillebrandt 1965,I:224). Bei der Somapflanze als Bienenvolk und der Honig, also Soma, liefernden Wabe der Felsenbiene sieht das ganz anders aus. Ihr ausgeprägter Wandertrieb, bedingt durch Monsun- und Trockenzeit oder durch zur Neige gehende Nektarquellen, ist wohlbekannt und auch die Hauptursache für ihre Nichtdomestizierbarkeit. In großer Höhe können die Bienenschwärme, in denen man nach optischen und akustischen Eindrücken leicht Vogelschwärme sehen kann, über Berge und Gebirgsketten ziehen, voll mit Honig für die erste Zeit des Aufbaus einer neuen Kolonie. Deshalb kann man diese Art der Somapflanze auch bitten, doch in der Nähe des Opferplatzes anzuhalten, um Reichtümer, nämlich Honig und Wachs, zu bringen. Wenn es heißt, daß „aus der lebendigen Wolke Schmalz und Milch gemolken werden“ (RV 9,74,4) und Geldner erläutert, daß es sich um die Somapflanze handelt, so paßt das Bild der rigvedischen Sänger gut auf einen Schwarm von A. dorsata, deren von einer Wabe vertriebener, riesiger Schwarm tatsächlich einer Honig und Wachs liefernden Wolke ähnelt. Dazu paßt ebenfalls, daß Soma „mit seinen lichten, hellen a-çu's dahineilt“ (RV 9,15,5, Hillebrandt), daß sich der Goldgelbe in menschlichen Ansiedlungen niederläßt (RV 9,38,4) und wie ein Falke auf die Bäume setzt (RV 9,573). Dies ist möglich, denn Soma ist ja der „befiederte Büffel“, der auch auf Bergen seinen Wohnsitz nehmen kann (RV 9,82,3). Schwärme oder Geschwader der Felsenbiene ähneln nicht nur Vogelzügen, sie verursachen in großer Höhe auch ein Geräusch wie hochfliegende Düsenflugzeuge. Bei unliebsamer Störung einer Kolonie am Fels oder im Baum geben die Bienen mit den Flügeln Zischlaute von sich, ähnlich denen einer Schlange. Werden sie durch Rauch von der Wabe vertrieben, erheben sie sich mit einem dröhnenden bis ohrenbetäubenden Donnern in die Luft. Diese Geräusche waren den rigvedischen Sängern wohl bekannt und wurden von ihnen auch als Eigenschaften der Somapflanze verwendet, z.B. in den Bildern vom donnernden Quell, der gemolken wird (RV 1,64,6; von Geldner als Regenwolke gesehen), vom donnernden unversieglichen Stengel (RV 9,72,6) oder vom großen Goldgelben, der gebrüllt hat (RV 9,2,6). Deshalb kann Soma trotzdem der „wandelbare Brunnen“ sein (RV 8,72,10). Mit den Gedanken an Wabe als Somapflanze, an reifen, wohlduftenden Honig und an Indras Lieblingsspeise oder -Trank als Hintergrund ergibt für mich auch RV 3,30,14 einen guten Sinn: „Ein großes Licht ist in ihren Eutern verwahrt: die rohe Kuh wandelt die gekochte (Milch) tragend. Aller Wohlgeschmack ward in der Kuh vereinigt, als Indra sie zur Nahrung bestimmte.“ Es ist unwahrscheinlich, daß Indra eine vierbeinige Kuh als Nahrung wollte, eher eine süße, große, goldgelbe, viel Honig enthaltende Wabe der Felsenbiene.

Index